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Ungelesener Beitrag
von Ruediger Hartung » 24.05.2013 14:44
Wenn ich mal was als Werkstoffwissenschaftler sagen darf:
Ich beobachte die Diskussion zur Nanotechnologie schon seit mehreren Jahren.
Fakt ist, dass nanotechnologische Produkte schon breit eingesetzt wurden, bevor man das Wort kannte. Beispiele sind Kieselgur (Windeln, Cremes, Getränkefiltration ) oder Kunstglimmer für Metalliclacke, ohne jemals negative Effekte festgestellt zu haben.
Die Oberflächenenergie ist so hoch bei Nanopartikeln, dass sie sich unweigerlich zu größeren Agglomeraten zusammenballen. Es ist vielmehr eine verfahrenstechnische Kunst, diese zu vereinzeln und getrennt zu halten. Die Gefährdung über Luft würde ich also eher als gering einstufen - aber das hängt von dem Stoff selbst ab. Plutonium-Nanopartikel sind natürlich anders als Graphit-Nanopartikel in der Risikobewertung.
Gefährdung kann vielmehr auch von einzelnen Ionen oder Molekülen ausgehen: Typisches Bespiel: Eisenausflockung im Trinkwasser in Großbritanien mit Aluminiumsalzen führte zu einem deutlichen Anstieg von Demenzerkrankungen, da sich erst im Gehirn "Nanoablagerungen" bildeten.
Zum Nutzen:
Es gibt Bereiche, wo sich der erhoffte Nutzen nicht realisiert hat. Das sind aber meistens Anwendungen, wo man mehr oder weniger einen 1:1 Austausch zu Mikropartikeln vorgenommen und Wunder erwartet hat. Typisches Beispiel: Erhöhung der Wärmeleitfähigkeit in Polymeren. Durch die Feinheit der Partikel steigt aber gleichzeitig die Wärmestreuung der Phonen überproportional. Man erhält einen Dämmstoff.
Nutzen scheinen Nanopartikel dort zu bringen, wo aufgrund der Quantenphysik die reale Welt ausgehebelt wird und Effekte möglich sind, die vorher nicht bekannt waren. Typisches Beispiel ist Clean Water. Dabei handelt es sich aber um Simulationen. Reale Versuche müssen erst noch zeigen, dass es kein Artefakt aufgrund der Berechnungen ist.
Die Umsetzung der Grundlagenforschung in Produkte dauert sicher 1-3 Jahrzehnte.
Last-but-not-least gibt es einen Nanopartikel Hype, wie Batterieauto-Hype, mit dem sich gut Fördermittel einwerben läßt.
Um es kurz auf einen Nenner zu bringen:
Gefährung durch Nanopartikel: Kann sein - kann nicht sein - kann ganz anders sein.
Berechnungen über BOINC im Bereich Nanopartikel stellen sicher kein Gefahrenpotenzial dar, da ja dadurch noch keine Partikel hergestellt werden.
Da mache ich mir persönlich bei den Proteinfaltern mehr Sorgen: Wer hätte vor 20 Jahren gedacht, das "dumme" kleine Nano-Proteine Rinderwahn auch beim Menschen auslösen.